Verschiedene Mechanismen hat die NFL in den vergangenen Jahren eingerichtet, um sicherzustellen, dass die hochklassigsten Spiele eines Spieltags landesweit zur Prime Time übertragen werden. In dieser Woche greifen diese allerdings nicht: das Spitzenspiel zwischen den Kansas City Chiefs und Miami Dolphins findet nämlich in Frankfurt (So. 15.30 Uhr) statt.

Für die vielen American Football Fans in Deutschland ist es ein Traum, für die US-Fans ist es aufgrund der frühen Kickoff Zeit um 9.30 Uhr (Ostküste, 6.30 Uhr Westküste) trotz landesweiter Übertragung eher ein Alptraum. Entsprechend sind die Meinungen dazu in den gängigen Fan-Foren. Denn dabei treffen wohl zwei der besten Teams der Liga direkt aufeinander, beide mit einer Bilanz von sechs Siegen und zwei Niederlagen. Wichtig für den weiteren Saisonverlauf ist dieses Spiel für beide Mannschaften. Nicht auszuschließen ist es, dass am Ende der direkte Vergleich über die Platzierung für die Playoffs entscheiden wird. Ein Sieg in diesem Spiel kann direkt entscheiden, wer bei einem möglichen erneuten Aufeinandertreffen in den Playoffs Heimrecht genießt. Für die Miami Dolphins sicher ein Faktor: 16 der letzten 18 Partien im heimischen Hard Rock Stadium ging das Team von Head Coach Mike McDaniel als Sieger vom Feld.

Dass die Partie in Frankfurt ein Aufeinandertreffen zweier guter Mannschaften sein würde, war vor der Saison klar. Als amtierender Super Bowl Champion treten die Kansas City Chiefs an, während Miami als Herausforderer gilt mit Chancen die Chiefs abzulösen. Da Kansas City als Heimteam für das Spiel in Deutschland feststand, stellte sich die Frage, wer als Gegner in Frage kommt. Neun Heimspiele haben die Chiefs in dieser Saison, drei davon als fest für Kansas City geplante Divisionsduelle gegen die Denver Broncos, Las Vegas Raiders und Los Angeles Chargers.

Nach dem Erscheinen des Spielplans wurden die Duelle der Chiefs mit den Philadelphia Eagles, Buffalo Bills und Cincinnati Bengals als Optionen ebenfalls gestrichen, da diese als Spiele der Woche von den TV-Sendern designiert wurden. Dies ließ nur noch die Miami Dolphins, Chicago Bears und Detroit Lions als Gegner für Frankfurt übrig. Die wiedererstarkten Lions wurden von der NFL für den Saisonauftakt nominiert, ebenso baten die Chiefs darum baten das nur alle acht Jahre stattfindende Heimspiel gegen Chicago (‚nur‘ 500 Meilen entfernt) nicht nach Deutschland zu vergeben. So blieb allein das Duell mit den Dolphins für das Spiel in Frankfurt übrig und die Deutschen Fans können sich nun über das Duell von zwei der besten Teams dieser Saison freuen.

Seit dem zweifachen Titelgewinn 1972 und 1973 warten die treuen Fans der Dolphins wieder auf ein Erfolgserlebnis. Zuletzt stand Miami 1984 in einem Super Bowl, damals mit Quarterback-Legende Dan Marino. Doch auch wenn die Dolphins in den 80er und 90er Jahren meist die Saison mit positiver Bilanz abschlossen und immer wieder die Playoffs erreichten, der ganz große Wurf blieb ihnen verwehrt.

Seit dem Rücktritt von Marino 1999 suchten die Dolphins nach Konstanz auf der Position des Quarterbacks und scheinen diese nun gefunden zu haben. QB Tua Tagovailoa führt die NFL in dieser Saison bei den Passyards an, was nicht zuletzt seinen beiden Receivern Tyreek Hill und Jaylen Waddle zuzuschreiben ist. Mit Running Back De‘Von Achane haben die Dolphins scheinbar in der dritten Runde der Draft einen Volltreffer gelandet. Stark trumpfte Achane vor seiner Verletzung (12.1 Yards pro Laufversuch stehen in seiner Bilanz) auf, nur Spekulation ist es jedoch, dass er gegen Kansas City in den Kader zurückkehren könnte. Da Head Coach Mike McDaniel der langfristige Erfolg wichtiger ist als ein Spitzenspiel, wird er im Zweifelsfalle den Spieler eher schonen, um ihn für die Saisonendphase und die Playoffs gesund aufs Feld schicken zu können. Was Miami auszeichnet ist vor allem die Schnelligkeit der Spieler. Mit Tyreek Hill, De’Von Achane und Raheem Mostert haben sie drei Spieler im Kader, die sieben der zehn schnellsten gemessenen Spiel-Laufgeschwindigkeiten in dieser Saison vorweisen können.

Immer besser findet auch die Defensive unter dem neuen Defensive Coordinator Vic Fangio ihren Rhythmus. Pro-Bowl Cornerback Jalen Ramsey feierte sein Comeback nach seine Meniskus-Verletzung gegen New England und fing gleich einen Pass ab. Mit Ramsey und Xavien Howard hat Miami zwei der besten Passverteidiger der Liga im Kader, für die Chiefs und ihren Quarterback Patrick Mahomes sicher keine optimalen Aussichten. Verbesserungswürdig ist allerdings der Pass Rush. Zwar finden sich auch Jaelen Phillips, Bradley Chubb und Christian Wilkins immer besser im neuen Verteidigungssystem zurecht, doch muss diese Einheit noch mehr Konstanz finden, um wirklich ein Faktor zu werden. Während Phillips und Chubb (oder LB Jerome Baker) sicher die Aufmerksamkeit in der Defensive bei den Linebackern/Pass Rushern zufällt, hat sich ein Spieler zum Leistungsträger entwickelt, den nur Wenige auf dem Radar hatten: LB Andrew Van Ginkel. 32 Tackles kann er bislang vorweisen, sowie vier Sacks – er bekommt von Fangio immer mehr Vertrauen geschenkt und zahlt dieses mit guten Leistungen zurück.

Die Chiefs leben ebenso wie die Dolphins von ihrem starken Angriff. QB Patrick Mahomes ist wohl der größte NFL-Star (neben QB-Legende Tom Brady im Vorjahr), der in Deutschland spielen wird. Er ist einer er Superstars der Liga und Aushängeschilder der NFL und wird dies wohl auch die kommenden zehn Jahre noch bleiben. Einen guten Namen hat sich auch TE Travis Kelce gemacht, auf dem Footballfeld muss man jedoch mittlerweile betonen. Die liebste Anspielstation von Mahomes beim amtierenden Super Bowl Champion machte in den vergangenen Wochen mehr mit seinem Liebesleben (und vermutlich dadurch besseren Leistungen) auf sich aufmerksam.

Dahinter wird es allerdings schwierig. WR Rashee Rice ist derzeit zweitbester Passempfänger der Chiefs mit 30 gefangenen Pässen, Skyye Moore, Kadarius Toney und Marquez Valdes-Scantling blieben bislang hinter den Erwartungen zurück. Durch die Rückkehr von Mercole Hardmann via Trade aus New York könnte das Passspiel eine Verstärkung erfahren haben, denn Hardmann war für Mahomes bis zu seinem Wechsel zu den Jets immer eine zuverlässige Anspielstation. Allerdings hatte er auch seine beste Zeit als WR Tyreek Hill noch für die Chief die Aufmerksamkeit der Defensive auf sich lenkte. Im Laufspiel setzen die Chiefs auf RB Isaiah Pacheco, der gleichzeitig auch ein guter Passempfänger ist. Seine Vielseitigkeit macht ihn gefährlich und den Angriff der Chief schwer ausrechenbar.

In der Defensive finden sich bei Kansas City nur wenige große Namen. DE Chris Jones ist in dieser Saison nach seinem Vertragsstreit und Holdout noch nicht wieder bei alter Stärke angekommen. Mit Michael Danna und George Kalaftis haben die Chiefs aber in der Rotation zwei weitere gute Pass Rusher. Underrated ist auch sicher 2022 Erstrundenpick CB Trent McDuffie. Während er statistisch auch in seiner zweiten Saison noch auf seine erste Interception wartet, gilt er als knallharter Tackler, der in den ersten acht Spielen bereits drei gegnerische Fumbles erzwungen hat. SS Justin Reid hält die Passverteidigung hingegen als Anführer zusammen, auch wenn er nicht mehr zur Elite auf seiner Position in der NFL zu zählen ist.