Ich bin nicht mit Allem einverstanden, was mein 18-jähriges Ich verbrochen hat, aber für diese Gewissenserklärung werde ich mich niemals schämen.
hab etwas später versucht zu verweigern (98 oder 99, ich weiß nicht mehr so genau), und bei mir ist es tatsächlich nicht durchgegangen. Ich musste dann 2001 zum Bund.
War echt mal eine der beschissensten Zeiten meines Lebens. Umgeben von rechten Arschgeigen (Onkelz liefen da rauf und runter, und zwar die frühen Dinge) die regelmäßig besoffen waren, gezwungen dumme Dinge zu tun, ohne Autonomie über das eigene Leben. Habs gehasst.
Wurde nie gemustert, bin einfach so zum Katastrophenschutz gegangen. Gerade bei Leuten die schon vor 18 in den Strukturen waren hatte der Bund anscheinend nicht wirklich das Bedürfnis da reinzugrätschen. Hab meinem Zugführer gesagt “ich will”, Woche später kam ein Brief von der lokalen Feuerwehr dass ich befreit bin, fünf Jahre im Durchschnitt ein Wochenende im Monat Dienst, sprich weniger als ich eh schon gemacht hatte und wenn du auf Ausbildung fährst geht’s noch schneller weil die Nächte mitzählen.
Ich musste trotzdem die bescheuerte Musterung über mich ergehen lassen. Wahrscheinlich hing das davon ab, wie das zuständige Kreiswehrersatzamt so drauf war. Bei mir war das ein Haufen schikanöser Arschlöcher, denen es sichtlich Freude bereitet hat, anderer Leute Zeit zu verschwenden. Ich hoffe ja, dass die nach der Aussetzung der Wehrpflicht nicht in irgendwelche wichtigen Behörden versetzt wurden, die tatsächlich was sinnvolles machen.
KatS würde ich trotzdem jederzeit wieder machen. Bei mir waren das noch 6 Jahre, musste mict ursprünglich sogar noch auf 7 verpflichten, das wurde dann aber irgendwann auf 6 gekürzt. Eigentlich mach ich das ja auch irgendwie immer noch, denn der KatS “läuft” ja inzwischen auf freiwilliger Basis, das lässt sich aber nicht mehr wirklich damit vergleichen, wie es vorher war. In dem Bereich hat die Aussetzung der Wehrpflicht einen immensen Schaden angerichtet.
Bei mir hat es 2010 noch gut geklappt, könnte sogar die von meinem Kumpel nehmen, der hatte die schon zur Musterung dabei wurde aber direkt als t5 eingestuft und brauche die gar nicht. Ich hab dann nur die religiösen Argumente etwas geändert. War dann bei meiner Stelle wirklich der vorletzte Zivi.
Ja, keine Ahnung warum das bei mir nicht durchgegangen ist. Die Klassenkameraden hatten auch keine Probleme. Vielleicht hatte mein Sachbearbeiter einen schlechten Tag?
Ich hätte vermutlich Widerspruch einlegen können, aber wollte es dann einfach hinter mir haben und nicht noch mehr Zeit verlieren.
Ich glaub zu Wehrpflichtzeiten haben die ihre Strenge bzgl. Verweigerern einfach dem aktuellen Bedarf an Personal angepasst.
(War für mich persönlich nicht wirklich wichtig weil T5: erfolgreich ausgemustert, war mir vorher schon klar deshalb hatte ich kein Verweigerungsschreiben vorbereitet)
Wo du es sagst, das klingt ziemlich plausibel.
Oh wow. Mir war gar nicht bewusst, dass eine halbwegs ernstgemeinte Verweigerung damals noch abgelehnt werden konnte. Mein Beileid, ich hoffe, es hat Dich dazu angespornt, Nazis nie wieder einen Finger breit Territorium zu überlassen, egal ob beim Bund (schwer durchzusetzen) oder anderswo.
Ja, danke, bin halt ein Glückskind 😜 /s
Die Bundeswehr-Zeit hat mich in Bezug auf Nazis allerdings viel weniger geprägt als mein Vater. 🫣
ohjeh - nochmals mein Beileid :/
Hab auch verweigert, aber dann überraschend T5 bekommen. Bin froh, dass mir beides erspart geblieben ist. Auf Zivi hatte ich nur marginal mehr Lust.
Das war eigentlich eine relativ einfache Zeit; Anträge wie die von OP sind meist direkt, selten mit einer freundlichen Nachfrage durchgegangen. Wahrscheinlich waren “red flags” in der Begründung, von denen es leider dutzende gab, z. B. früheres Interesse an Zeitsoldat, auf das nicht eingegangen wurde. Bei einigen ist auch der Haken in “Bereitschaft zu Auslandseinsätzen” irgendwie in das Formular bei der Musterung geraten, z. B. indirekt durch “wenn es unbedingt sein müsste, dann Marine” oder ähnliche Bemerkungen. Das war alles kein Problem, solange es erklärt wird und nicht widersprüchlich begründet wird, dass man schon Jahre vor der Musterung total dagegen war. Mit Rechtsmitteln wäre es nach erster Ablehnung sicher durchgegangen.
Es war deutlich schwerer, wenn die Einberufung zum Wehrdienst schon da war; dann immer nur mit Vorladung zur mündlichen Verhandlung, was aber auch mit guter Beratung geklappt hat.
Ich kenne aber auch Leute, die sich geweigert haben, die Begründung an die Rechtslage anzupassen und unbedingt ehrlich bleiben wollten. Verständlich, aber bei bestimmten Gründen dann garantierte Ablehnung. Auch in der einfachen Zeit musste erkennbar sein, dass aus Gewissensgründen bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Staaten immer und grundsätzlich abgelehnt werden, wie bei OP.
Siehe auch meine Antwort auf OP.
Wie war 9/11 für dich? Wir waren da ganz am Anfang der Grundausbildung, und uns ging der Arsch auf Grundeis. Völlig unberechtigt natürlic, trotzdem eine Erfahrung.
Ich war schon fertig mit der aga, und bei der Ausbildung zum Kraftfahrer (hab die Drohnen-LKWs gefahren). Ich musste also keinen regulären Dienst machen, sondern sass hauptsächlich auf dem Fahrschul-LKW und hab das fahren gelernt.
Aber beim Wache schieben hatte ich immer ein mulmiges Gefühl und habe mich gefragt, was ich denn machen würde, wenn denn tatsächlich mal einer mit dem Auto durchzufahren versucht. War irgendwie krass.
Juristisch nicht perfekt wasserdicht, aber ist ziemlich sicher ohne Nachfragen durchgegangen, oder?
- “Gewissen” explizit drin zu haben ist essentiell , weil das Grundrecht so formuliert ist. Sehr gut!
- Grundsätzlich bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Staaten abzulehnen und die Einsicht, die dazu führt, sind ein großer Pluspunkt. Genau so ist es in einschlägigen Urteilen gefordert. Rechtskräftige Ablehnungen gab es oft, wenn nicht grundsätzlich jeder Krieg abgelehnt wird, oder wenn man sagt “nichts für mich, aber sollten andere machen, die es mögen”.
- Die fast-politische lange Ausführung ist nicht notwendig, aber gut gemacht; mit “wirtschaftlichen Interessen” und der “finanziell starken Oberschicht” wird es etwas zu politisch, wenn man es ganz rechtssicher machen müsste.
- Ein persönliches Erlebnis, durch das die gut dargelegte hypotetische Möglichkeit des Schießens auf einen Freund oder jemanden, der es sein könnte, gestützt würde, wäre sehr hilfreich. Z. B. Tod eines Angehörigen - muss nicht mit Gewalt sein, denn die Brücke zum Krieg ist ja ausgeführt. Rein hypothetische logische Schlussfolgerungen ohne persönlichen Bezug wurden nicht so gern gesehen.
- Damit würde es auch auf die in etwa erwartete Länge kommen. Das ist reichlich kurz, aber zum Glück fehlt nichts Essentielles.
- Es ist sehr schön konkret - kein allgemeines “gegen Gewalt” o. ä.
- Wenn es keinen separaten Antrag gab (z. B. bei Musterung), könnte der erste als Antrag zu verstehende Satz mit mehr Rechtssicherheit sein. Z. B. “Hiermit beantrage ich meine Anerkennung als Kriegsdienstverweiterer gemäß Art. 4 Abs. 3 GG”. Sehe aber andererseits nicht, wie man selbst mit Böswilligkeit einem Laien unterstellen könnte, dass das anders gemeint ist.
- Vorzüge des Zivildienstes sind ein Fettnäpfchen, das hier knapp - aber immerhin - umschifft wird. Am sichersten war, Zivildienst gar nicht zu erwähnen. Ganz falsch wäre, in die Richtung zu argumentieren “Wehrdienst gut, Zivildienst (für mich) besser, weil …”. Ist hier aber nicht passiert.
Gut gemacht!
Ja, ist ohne Nachfragen anerkannt worden. Das Anerkennungsschreiben hebe ich noch auf, im Original. Davon abgesehen: Es ist eine Gewissenserklärung gefordert gewesen, kein Antrag im Stile eines Juristen. Von daher denke ich, Deine Analyse führt etwas zu weit im Vergleich zu den damaligen Erwartungen der Bundeswehr. Es waren ja (zum Glück!!!) nicht mehr die 60er/70er, wo der Vorgang der Verweigerung noch gar nicht vorgesehen war.
Zum persönlichen Bezug hat wahrscheinlich damals mein Wohnort gereicht - direkt im Dreiländereck NL/BE/DE ;)
Bin Mitte der 00er Jahre als T2 gemustert worden und habe auch verweigert. Meine Zivi-Zeit beim Roten Kreuz war gleichzeitig unglaublich stressig, körperlich anstrengend, lehrreich und hat mir den nötigen Kick gegeben dass ich nach meiner Ausbildung auf jeden Fall noch studieren gehe. Das waren dann weitere anstrengende Jahre (hab das berufsbegleitend am Wochenende gemacht) aber damals ist mir erst so richtig klar geworden wie das eigentlich alles im echten Leben so ist, wie Geld die Welt regiert, was ein Menschenleben wert ist, wie wertvoll Freiheit und freie Selbstbestimmung ist. Zumindest kann ich sagen dass ich als Zivi wirklich was für die Gesellschaft geleistet hatte und nicht nur monatelang auf der Stube in den Alkoholismus abgedriftet bin.
wie wertvoll Freiheit und freie Selbstbestimmung ist
Das wusste ich schon vor meinem Kriegsdienst. Sklaverei ist fürn Arsch, aber wehe man nennt das Kind beim Namen.
und nicht nur monatelang auf der Stube in den Alkoholismus abgedriftet bin
Bis hierhin war ich mit allem einverstande.
Ich habe ganz bewusst gewählt meinen Wehrdienst abzuleisten. Ich hatte davor bereits ein freiwilliges Jahre mit schwerst-mehrfach behinderten Kindern und Jugendlichen gearbeitet und wollte einfach auch die andere Seite erfahren. Mein Kompromiss war der Sanitätsdienst.
Leider versuche ich seit dem völlig erfolglos, Menschen die keinne Berührung mir unserer Armee haben oder hatten, weg von ihreen Klischees zu bringen. Es ist sicher nicht alles fantastisch, aber das ist so wenn sich viele Menschen an einem Ort versammeln.
Einige Aspekte der kurzen, intensiven Zeit kann ich getrost vergessen, andere möchte ich nicht missen. Es hat mir aber vor allem eines gezeigt: nicht alle Soldaten liegen den ganzen Tag besoffen auf Stube rum.
Lustige Anekdote: wir waren in der 2. Woche Grundausbildung als 2 Flugzeuge ins WTC geflogen sind. Das war die intesivste Woche meines Lebens, kein Scherz. Und die Vereidung hat damit nochmal eine ganz eigene Bedeutung bekommen.
Ich hab zwar das Glück, zu jung für die Wehrpflicht gewesen zu sein, gehöre aber hier wohl auch zu der Minderheit, die den Dienst an der Waffe nicht pauschal ablehnen würden. Inhaltlich/moralisch habe ich nichts gegen die Bundeswehr, aber die Methoden gehen mir dann teilweise schon gegen den Strich. Wobei da wohl in den letzten Jahren vor allem auch durch die verkürzte Ausbildung mehr Wert auf die wichtigen Inhalte und weniger auf den Dummfick gelegt wird und der Ton sich verbessert hat. Wäre für mich persönlich also wohl immer noch weniger schlimm als behinderte Kinder oder Alte pflegen zu müssen.
Zum Thema nur Saufen und sinnlose Tätigkeiten: Von den Zivis hört man ja oft ähnliches. Auf den Lehrgängen wird gesoffen und der Dienst besteht aus Briefmarken kleben, Laub fegen oder sonstwie als billige Arbeitskräfte genutzt werden. Die Realität liegt wohl meist dazwischen.
Mag ja sein dass es Ausnahmen gibt. Das was ich so in meinem Umfeld von ein paar Jahren älteren mitbekommen hatte war aber eben nicht so prickelnd.
Ich habe 1996 verweigert, und das wurde auch ohne Beanstandungen angenommen. Allerdings habe ich weder den Verweigerungsantrag noch das Anerkennungsschreiben aufgehoben - lediglich mein Zivildienst-Entlassungsbescheid flattert noch irgendwo in meinen Akten rum. Einer meiner Ansatzpunkte war die Tatsache, dass mir als Kind von meinen Eltern immer gesagt wurde ‘Auf Menschen schiesst man nicht’, und auch Spielzeugwaffen waren arg verpönt.
Selber geschrieben? Bei uns wurden die einfach immer wieder recycled. Lediglich in Kleinigkeiten individualisiert.
Ich hab das ernst genommen…
Respekt. Du bist der erste den Ich kennen lernen darf. Und ich habe auf den ganzen Vorbereitungskursen hunderte Zivis kennengelernt. :)
Das erinnert mich an unsere kiffenden Zivis im KH… der eine, der sich auf dem Korridor Patientenbett schiebend verlaufen hatte und nicht mehr wusste, wo er hin musste…
Keine Ahnung, ich hätte noch gehen müssen, aber irgendwie hat man mich übersehen und nie gefragt.
Welcher Jahrgang bist du? Soweit ich mich erinnere war '91 noch dran. '92 wurde dann noch pro forma gemustert, aber bei denen ist nichts mehr passiert…
Nein, 90 wurde zwar gemustert, aber bereits (mindestens teilweise) ohne Einzug, ob 91 auch, keine Ahnung.
Alles ab „Mitte 80er“ haben sie auch oft in T3 („kann, wenn unbedingt will, muss aber nicht“) gesteckt.
Richtig, ich (Jahrgang 85) bin zuerst T3 gemustert worden und kurze Zeit später wurde im Rahmen einer Rechtsreform (weil aus sieben Tauglichkeitsstufen fünf wurden) aus der T3 eine T5.
'89
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Bei der Musterung hat mich die Werbung für Jets / Waffensystem-Offiziere auch kurz gereizt, aber nur technisch - drum bin ich dann auch Raumfahrtingenieur geworden :)
Hats geklappt?
Frei nach Ingo Appelt: Ich war dann “so’n Drecks-Zivi” :D War ne gute Zeit, und viel besser als Töten oder Sterben üben.
Zu meinem Bruder hatte einer während seiner Zivi-Zeit gesagt „Ein echter Mann geht zum Bund“. Dessen beiden Söhne haben sich ein paar Jahre später mit ärztlichem Attest ausmustern lassen und auch keinen Zivi gemacht. Da war das plötzlich in Ordnung.
Scheinheilig ist die Charaktereigenschaft Nr. 1 bei konservativen…
Alles richtig gemacht.
Ich bin froh, daß wenn die Wehrpflicht jemals wieder eingeführt wird ich vermutlich eh ausgemustert werde. Ich bin viel zu groß, als dass ich mich verstecken, in einen Panzer oder ein Flugzeug quetschen könnte. Zudem kann ich dann noch schön meinen Rücken als Ausrede nutzen. Und wenn das alles nicht reicht gehe ich zum Bundeswehr Orchester(oder wie auch immer das heißt) oder werde auch zum Kriegsdienstverweigerer.
Ich bin viel zu groß, als dass ich mich verstecken[…] könnte.
Ja schon. Aber musst du dich überhaupt verstecken? Es rechnet doch niemand mit einer Kuh als Soldat.
Ich weiß nicht ob Techno bei der Bundeswehr so gut ankommt 🤣
Stimmt. Ich komme einfach mit Lauter Musik zur Musterung. Die schicken mich dann zwar in die Klapse, aber scheiß drauf.
PS: ja, “diesem” war auch nach alter Rechtschreibung ein Tippfehler ;)