Völkermord-Vorwurf vor Gericht: Benjamin Netanjahu wettert gegen Den Haag

Südafrika hatte Israel vor dem IGH scharf kritisiert, in Den Haag stand sogar der Vorwurf eines mutmaßlichen Völkermords gegen die Palästinenser im Raum. Zum 100. Tag des Krieges in Israel und in Gaza wandte sich Regierungschef Benjamin Netanjahu nun an seine Mitbürger – samt drastischer Botschaft an den IGH.

In einem Video, das unter anderem bei X (vormals Twitter) geteilt wurde, erklärte Netanjahu harsch: „Der heuchlerische Angriff in Den Haag gegen den Staat der Juden, der aus der Asche des Holocaust entstanden ist, auf Geheiß derjenigen, die kamen, um einen weiteren Holocaust gegen die Juden zu verüben, ist ein moralischer Tiefpunkt in der Geschichte der Nationen.“

Nach dem Massaker vom 7. Oktober war die israelische Armee in den palästinensischen Gazastreifen einmarschiert, um dort die radikalislamistische Hamas zu bekämpfen. Immer wieder gibt es jedoch auch Berichte, wonach unbeteiligte Zivilisten bei den Kämpfen und Bombardements getötet werden. Die USA, der wichtigste Verbündete Israels, ermahnten Tel Aviv wiederholt, mehr Rücksicht auf die Zivilbevölkerung in Gaza zu nehmen. Laut palästinensischen Angaben sind seit dem 7. Oktober mehr als 20.000 Menschen im Gazastreifen getötet worden. Netanjahu droht der Hamas in Gaza

„Bürger Israels, heute begehen wir den 100. Tag des Krieges. 100 Tage seit dem schrecklichen Tag, an dem unsere Bürger massakriert und als Geiseln genommen wurden. Wir führen den Krieg bis zum Ende fort – bis zum völligen Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben: Die Hamas zu eliminieren, alle unsere Geiseln zurückzuholen und sicherzustellen, dass Gaza nie wieder eine Bedrohung für Israel darstellt“, erklärte Netanjahu in seiner Ansprache.

Niemand wird uns aufhalten“, meinte der 74-jährige Politiker weiter, „nicht Den Haag, nicht die Achse des Bösen und niemand sonst“. Die israelischen Streitkräfte hätten „in den Mordtunneln von Gaza“ angeblich „Kopien von Hitlers ‚Mein Kampf‘“ gefunden. In einem Haus in Gaza zudem ein Kinder-Tablet mit einem Bild von Hitler als Bildschirmschoner. „Nicht umsonst sagte Bundeskanzler Scholz, nachdem er die Gräueltaten des Massakers vom 7. Oktober gesehen hatte: ‚Hamas sind die neuen Nazis‘“, erzählte Netanjahu. Er habe am Samstag (13. Januar) mit Olaf Scholz (SPD) gesprochen „und ihm für die Bereitschaft Deutschlands gedankt, eine Delegation nach Den Haag zu schicken, um zur Widerlegung dieser verabscheuungswürdigen Lüge beizutragen“.

Doch Scholz hat wohl nie gesagt, dass die Hamas „die neuen Nazis“ seien. Netanjahu sagte dies bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Kanzler im Oktober selbst. Ein entsprechender Beitrag wurde auf X mit einer Anmerkung versehen.

Benjamin Netanjahu: Israels Premier bedankt sich bei Olaf Scholz und Deutschland

Die Ampel-Bundesregierung hat sich in den Völkermord-Diskussionen an die Seite Israels gestellt. „Wir wissen, dass verschiedene Länder die Operation Israels im Gazastreifen unterschiedlich bewerten. Den nun vor dem Internationalen Gerichtshof gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermords weist die Bundesregierung aber entschieden und ausdrücklich zurück“, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag (12. Januar) in Berlin: „Dieser Vorwurf entbehrt jeder Grundlage.“

Der Regierungssprecher begründete die deutsche Haltung in dieser Frage mit der deutschen Geschichte und der besonderen Verantwortung Deutschlands für Israel. Ministerpräsident Netanjahu hatte sich in einem Telefonat bei Bundeskanzler Scholz dafür bedankt, dass Deutschland die Völkermord-Klage Südafrikas gegen Israel entschieden zurückgewiesen hatte. (pm)

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    10 months ago

    Die UN ist bei aller berechtigter Kritik die größte diplomatische Errungenschaft. Das überhaupt völkerrechtliche Verträge existieren und man sich darauf einigt, dass diese durch internationale Institutionen überwacht werden sollen, ist ein zentraler Schritt weg von der Barbarei.

    Das der ICJ möglicherweise Zahnlos ist, liegt genau an der Einstellung der Missachtung internationaler Abkommen und Institutionen, die du hier propagierst. Auch scheinst du die 2.3 Millionen Menschen in Gaza mit den knapp 20.000-30.000 Hamas Mitgnieder als Terroristen gleichzusetzen. Diese Gleichsetzung und kollektive Bestrafung durch Israel ist eines der Argumente, die von Südafrika vorgebracht werden, warum sie Anzeichen eines Völkermords sehen.

    Und als Strafe müssen sie nunmal zum Wohle eines Landes und dessen Bevölkerung restlos von unserer welt weichen, sonst ist Frieden auch in Zukunft unmöglich.

    Merkst du eigentlich, was du da von dir gibst, und wie diese Aussage in dem Kontext wirkt?